Das Salzmonopol und der Salzseller

Das Salzmonopol und der Salzseller

Wie der Staat einst zur Kasse bat.

 

Früher wie heute suchte der Staat nach Geldquellen, die regelmäßig und zuverlässig Geld in die stets leeren Staatskassen brachten und bringen. Abgaben auf lebensnotwendige Güter gehören seit langem dazu. In diese Gruppe gehörte auch die Salzsteuer, die schon dem preußischen Staat geläufig war und in Deutschland erst 1993 abgeschafft wurde.

1752 erließ Friedrich II. ein neues Salz-Reglement für seine Länder Minden-Ravensburg sowie Lingen und Tecklenburg. Die Untertanen wurden verpflichtet, ihr Salz ausschließlich aus der 1745 neu erschlossenen Salzquelle bei Melbergen zu beziehen. An diesen Quellen entstand Neusalzwerk, das spätere Bad Oeynhausen. Es wurde nicht nur der Lieferant vorgeschrieben, sondern auch eine Mindestabnahmemenge festgelegt. Die Abnahme des Salzes wurde über Salzbücher, die jeder Konsument haben musste, kontrolliert. Bis zum 15. Mai musste das Salz abgenommen worden sein. Falls das nicht der Fall war, musste die fehlende Menge bezahlt werden und ein Bußgeld wurde fällig. Die Einfuhr ausländischen Salzes war verboten. In der Zeit des Königreichs Westphalen (1807 bis 1813) wurde der Salzzwang zeitweise abgeschafft, es kaufte jeder so viel Salz, wie er brauchte. Nach den Befreiungskriegen wurde unter preußischer Hoheit 1816 der Salzzwang erneut vorübergehend aufgehoben. Die Einfuhr ausländischen Salzes blieb verboten.

Selbstverständlich versuchte man, die Kosten durch „Einschwärzung“ von ausländischem Salz zu senken. Dieser Salzschmuggel muss erheblich gewesen sein. Bei Werste wurde 1822 eine Wagenladung von 700 Pfund Salz beschlagnahmt. 1823 sah sich der Staat zum Handeln gezwungen. Im Amtsblatt der Regierung Minden wurde veröffentlicht, dass wegen „der überhandgenommenen Salz-Defraudation (Abgabenhinterziehung) an der Grenze mit dem Auslande in den Regierungsbezirken Minden und Münster“ eine wirksamere Salzverbrauchskontrolle einzuführen sei. Dass Salzschmuggel nicht ungefährlich war, belegt der Fall eines Heuerlings aus Holzhausen, der 1842 Salz aus Bückeburg „eingeschwärzt“ hatte und im Hainholz von Zollbeamten erschossen wurde.

Der Salzverbrauch wurde auf 12 Pfund pro Kopf und Jahr festgelegt. Für jede Gemeinde wurde ein Salzbuch angelegt, in das der festgesetzte Jahresverbrauch und das tatsächlich abgenommene Salz eingetragen wurden. Die Verteilung des Salzes auf die einzelnen Haushalte konnte die Gemeinde selbst vornehmen oder einem zu wählenden Salzseller überlassen.

Die pauschale Abnahmeverpflichtung von 12 Pfund pro Kopf konnte entsprechend den örtlichen Verhältnissen modifiziert werden. Für Eisbergen wurden von der gesamten zu beziehenden Menge für jede milchgebende oder tragende Kuh sechs Pfund und für jede Familie, die einschlachtete, pro Familienmitglied zwei Pfund vorab angerechnet. Der Rest wurde auf die Familien nach deren Mitgliederzahl und nach deren Steuerklasse verteilt. Eisbergen hatte sich für eine Salzverteilung durch einen Salzseller entschieden. Gewählt wurde der Höker (Kleinhändler) Ernst Heinrich Nolte. Er musste die gesamte Jahresmenge in mehreren Lieferungen abnehmen und an die Endabnehmer verteilen bzw. verkaufen. Für seine Arbeit nahm er einen Aufschlag auf den staatlichen Salzpreis. Dieser Aufschlag musste von den Bewerbern vor der Sellerwahl mitgeteilt werden. Wer den geringsten Aufschlag nahm, hatte das günstigste Angebot gemacht und wurde in der Regel gewählt. Den Endverbraucher kostete ein Pfund Salz einen Silbergroschen und drei Pfennige. Wer am Ende des Jahres das ihm zukommende Salz nicht abgeholt hatte, musste für jedes fehlende Pfund einen Silbergroschen bezahlen und bekam nichts.

Anscheinend war man mit dem gewählten Salzseller Nolte aber nicht zufrieden. Im Dezember 1824 teilte der Vorsteher Mohme dem Cantonsbeamten Gellern mit, dass ab 1825 das Salz vierteljährlich von der Gemeinde selbst in Rehme/Neusalzwerk abgeholt und verteilt werden solle. Diese Regelung schien jedoch nicht die Zustimmung des Landrats gefunden zu haben, denn im Januar 1825 wurde der Förster Stephan zum Salzseller gewählt. Das wiederum fand nicht den Beifall seines Vorgesetzten, des Forstmeisters in Hausberge. Dieser teilte mit, dass Unterförster kein Nebengewerbe haben dürften und Stephan, „sofern er nicht dem Forstdienst entsagen wolle“, nicht Seller werden dürfe. Und so wurde Ende Januar 1825 der Krüger Berke zum Salzseller für Eisbergen und Fülme gewählt.

Ende 1826 schlug der Kantonsbeamte Gellern dem Landrat vor, die Pflichtmenge für Eisbergen um etwa 100 Pfund heraufzusetzen, da von der Pflichtquote von 9574 Pfund allein das Gut 1050 Pfund abnehme. Die darin liegende Begünstigung der übrigen Verbraucher sei nicht zu verkennen. Im Raum stand zudem der Vorwurf, dass die Eisberger diesen Vorteil nutzten, um günstigeres geschmuggeltes Salz zu beziehen. In seinem Vorschlag regte Gellern an, das Veltheimer Quantum entsprechend zu mindern, da dort viele arme Leute wohnten. Für 1827 wurden Eisbergen und Fülme tatsächlich 356 Pfund Salz mehr auferlegt, die jedoch nicht nur Veltheim abgezogen wurden.

In diesen Jahren klagte die Bevölkerung außer über die Steuern (bis heute eine gern fortgeführte Tradition) auch über den hohen Salzpreis. 1840 wünschte sich der Pfarrer Voß, „dass die Steuern vom Salze abgenommen und auf den Branntwein gelegt werden möchten, so dass das unentbehrliche Salz wohlfeiler, der entbehrliche Brantwein, wodurch mancher sich sehr schadet, aber teurer und daher unzugänglich werde.“

1832 starb der Krugwirt und Salzseller Berke. Seine Familie übernahm den Salzverkauf für das laufende und das folgende Jahr. 1834 wurde der Gastwirt und Bäcker Fischer, der schon als Gehilfe bei Berke tätig war, als Salzhalter in Eisbergen angestellt. 1850 wollten die Eingesessenen zu Fülme ihr Salz selbst abholen und verteilen. Der von ihnen gewählte Salzseller Schmidt gab das Amt jedoch schon am Jahresende 1851 wieder auf und Fischer übernahm wieder. 1857 wurde er auch Seller für Veltheim, da dort kein Seller gefunden werden konnte. Ende 1866 wurde die Salzverbrauchskontrolle aufgehoben, womit das Salzselleramt entfiel.

 

Ortschronik Eisbergen

Grundlage dieses Artikels ist die Ortschronik Eisbergen von Reinhard Busch. Beide Bände der Ortschronik, die 1996 und 2005 veröffentlicht wurden, sind bei Reinhard Busch erhältlich. Die Bücher mit hochwertigem Leineneinband kosten pro Stück 20 Euro, beide zusammen 30 Euro. Das Geld kommt der Dorfgemeinschaft Eisbergen-Fülme zugute. Weitere Informationen und Bestellungen unter Tel. 05751 982969.

 

Foto: Adobe Stock, Nantapong

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