50 Jahre Porta Westfalica

50 Jahre Porta Westfalica

Stadtentwicklung: Auf dem Weg in die Zukunft

„Schritt für Schritt die Porta Stadt entwickeln!“ Mit diesen Worten begann der erste Verwaltungsbericht der jungen Stadt Porta Westfalica über den Zeitraum 1973 bis 1977, verfasst vom ersten Stadtdirektor Heinz Borschel (von 1973 bis 1978), ehemals Amtsdirektor des Amtes Hausberge und Gemeindedirektor der amtsangehörigen Gemeinden (von 1954 bis 1972). Die Gemeindereform wurde teilweise skeptisch betrachtet von den eingemeindeten Kommunen, die auf Grund einer von „oben“ entschiedenen Reform befürchteten, ihre Eigenständigkeit und Einflussmöglichkeiten zu verlieren, in Konkurrenz mit anderen „Ortsteilen“ zu stehen und damit Entwicklungschancen zu verlieren.

Dies war den damaligen Entscheidungsträgern bewusst. Stadtdirektor Borschel erwähnte, dass durch die Stadtgründung in rechtlicher und organisatorischer Hinsicht noch keine kommunale Einheit geschaffen worden sei, die den Namen „Stadt“ verdiene, weil eine Stadt eine von breitester Zustimmung ihrer 35.000 Einwohner getragene bürgerschaftlich organisierte Lebensgemeinschaft darstelle. Diese, so stellte Heinz Borschel damals fest, galt es in den nachfolgenden Jahren erst noch über mehrere Generationen hin „in einem wohlwollenden Miteinander von Bürgern, Rat, Stadtverwaltung und heimischer Wirtschaft“ zu entwickeln. Borschel, der Anfang 1978 in den Ruhestand ging, betonte die Bedeutung eines leistungsfähigen Stadtkerns, wobei er der Stadt und seinem Nachfolger Dr. Wolf Berger mit auf den Weg gab, „in gleicher Wertigkeit“ allen Stadtteilen Beachtung zu schenken. Durch die Bildung von Bezirksausschüssen sollte dauerhaft gewährleistet werden, dass die Belange aller Stadtteile in der Arbeit von Rat und Verwaltung der Stadt Porta Westfalica Berücksichtigung finden würden.

Die Stadt Porta Westfalica entfaltete eine intensive Stadtpolitik, durch die alle Bereiche der Infrastruktur und der Daseinsvorsorge gestaltet wurden: Abwasser, Kanalisation, Kläranlagen, Wasserversorgung, Abfallentsorgung, Straßen, Schulen, Bildung, Kindergärten, Kultur, Sport, Kinder- und Jugendangebote, Bauen, Stadtplanung, Tourismus, Wirtschaftsförderung sowie alle hoheitlichen Aufgaben. Die Planungen, von der Verwaltung vorbereitet und durchgeführt, wurden und werden bis heute im Rat der Stadt und in seinen Ausschüssen beraten und beschlossen. Die Struktur des Stadtparlaments spiegelte und spiegelt noch heute die zu gestaltenden gesellschaftlichen Bereiche wieder. Auch wenn diese Struktur im Laufe von 50 Jahren hin und wieder geändert wurde, so blieben die Aufgaben jedoch stets die gleichen.

Das Jahr 1978, Dr. Bergers erstes Jahr als Stadtdirektor Porta Westfalicas, war geprägt von intensivem Austausch. Als Schwerpunkte sind dem Verwaltungsbericht von 1978 der Bau des 1981 fertiggestellten Gymnasiums, die Förderung der Wirtschaft, Bauen und Wohnen, die Sanierung und der Ausbau Hausberges als Zentrum sowie die Sanierung der Stadtwerke zu entnehmen.

Mit einer Fläche von 105 Quadratkilometern und 15 sehr unterschiedlichen Stadtteilen stellten die Aufgaben der jungen Stadt eine große Herausforderung auch finanzieller Art dar. Im Verwaltungsbericht 1977 wird die Relation der Stadtgröße so bemessen: „In den Ortsteilen Hausberge, Barkhausen, Neesen und Lerbeck müssen 57 000 Meter Straßen gekehrt werden. Das geschieht einmal wöchentlich; auf das Jahr umgerechnet ergibt das 3000 Kilometer oder eine Entfernung von Porta Westfalica bis zum Ural, wenn man immer geradeaus fahren könnte.“ Die finanzielle Lage war in verschiedenen Phasen durchaus schwierig. So hieß es im Verwaltungsbericht 1981 in der Überschrift des Vorwortes: „Die fetten Jahre sind vorbei.“ Und auch seit Anfang der 2000er bis 2021 waren die finanziellen Möglichkeiten aufgrund vieler Faktoren außerordentlich eng gesteckt. Das Leitbild für die städtische Entwicklung zielte jedoch stets darauf ab, eine menschliche, lebens- und liebenswerte Stadt zu schaffen, in der zu leben sich jederzeit lohnt. In den vergangenen 50 Jahren hat sich die Stadt in vielerlei Hinsicht weiterentwickelt. Der Aufbau der Stadt und ihrer Infrastruktur, finanzielle Krisen, gesellschaftliche Entwicklungen - jedes Jahrzehnt brachte seine eigenen Herausforderungen und seine eigenen Antworten und kreativen Lösungen mit sich.

Eine herausragende Quelle für Kreativität und pragmatische gute Lösungen war in den letzten 50 Jahren das bürgerschaftliche Engagement. Der Dialog mit der Bürgerschaft hatte seit Stadtgründung einen hohen Stellenwert, denn die Stadt „musste erst noch werden“. Das hatte Stadtdirektors Borschel den Menschen in Porta Westfalica zum Ende seiner Amtszeit mitgegeben und es wurde ernst genommen. Dr. Berger stellt im Verwaltungsbericht 1978 fest: „Es ist die Erkenntnis der Zeit, dass ohne die Mitwirkung der Bürger eine wirksame gemeinschaftliche Arbeit in einer Stadt nicht geleistet werden kann.“ Deshalb müsse man den Bürger als gleichwertigen Partner begreifen und dieses Bekenntnis nicht nur mit den Lippen abgeben.

Über die fünf Jahrzehnte seit der Gründung versteht man sich heute tatsächlich als Portanerin, als Portaner. Doch dabei ist die Verbundenheit mit der ehemaligen Gemeinde und dem heutigen Stadtteil, in dem man lebt, keineswegs geschmälert worden – im Gegenteil. Die Identifikation mit dem eigenen Stadtteil drückt sich in einem ausgeprägten bürgerschaftlichen Engagement aus, welches eine unverzichtbare Säule für das gesamtstädtische gesellschaftliche Leben war und ist.

 

Das Foto zeigt die Männer der ersten Stunde bei der Verabschliedung des alten und der Einführung des neuen Stadtdirektors (von links): Erster Beigeordneter Heinrich Schmidt, Stadtdirektor Heinz Borschel, Bürgermeister Wilhelm Watermann, Oberkreisdirektor Dr. Wolf Momburg, Stadtdirektor Dr. Wolf Berger.

 

 

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