Santiano: Fünf Häuptlinge auf hoher See

Santiano: Fünf Häuptlinge auf hoher See

Kaum jemand hat damit gerechnet, dass das ungewöhnliche Musikprojekt namens Santiano einen so beeindruckenden Ritt auf der Erfolgswelle hinlegt. Nach ihrem unglaublich erfolgreichen Jahr 2012, das mit doppelt Platin für das Debüt-Album, einer ausverkauften Tournee und einem Echo belohnt wurde, legte die Band mit weiteren Konzertreisen und CD's nach. Das Porta Magazin sprach mit Axel Stosberg. Der Flensburger ist zuständig für Gesang und Percussion und der Beau in der Crew von Santiano.

Porta Magazin: Santiano ist ja eine Segelfregatte. Eure Bandgeschichte ging aber eher ab wie ein Jetski. Musst Du Dich manchmal kneifen um sicherzugehen, dass das alles kein Traum ist?

Axel Stosberg: Ja, es gibt manchmal so Momente – wie kleine Flashs, wo einem plötzlich ganz klar wird, was man in den letzten anderthalb Jahren erreicht hat. Wenn man die Zeitung aufschlägt und etwas darüber liest oder sieht, wo die Platte platziert ist, ist das ja eher fiktiv. Aber richtig gewahr wird es einem bei Livekonzerten, wenn die Hütte voll ist und das Publikum feiert und jeden Text mitsingen kann. Diese Entwicklung war ja völlig überraschend. Das muss man ganz ehrlich sagen. Mit solch einem großen Erfolg war nicht zu rechnen. Wir wussten zwar, dass wir mit einer Menge PS auf die Straße gehen mit diesem Projekt, für das wir einen Major-Deal mit Universal hatten und für das jede Menge Werbung gemacht wurde, aber dass das so durch die Decke brennt, damit war nicht zu rechnen.

PM: Wenn Dir vor einigen Jahren mal jemand gesagt hätte, die würdest mal einen Echo bekommen, und dann auch noch in der Kategorie Volksmusik, wo man vielleicht eher die Kastelruther Spatzen denkt als an Santiano, hättest Du ihn für verrückt erklärt?

Axel: Ganz genau so ist es. Es war völlig absurd, über einen Echo nachzudenken. Jeder Medien- oder Publikumspreis war weit weg. Und plötzlich hält man ihn in den Händen. Da bekommt man schon mal einen Schrecken.

PM: Auf der Internetseite von Santiano ist zu lesen, dass Du dafür zuständig bist, den anderen mal „in den Hintern“ zu treten. Ist das oft nötig und bist Du ein guter Motivator?

Axel: Das wird vielleicht ein bisschen falsch interpretiert. Es ging darum, dass wir alle unsere Kernkompetenzen haben. Es hat sich herauskristallisiert, dass jeder in der Band für einen bestimmten Bereich seine übergeordneten Talente hat. Ich habe so ein wenig den Gesamtüberblick. Von mir gibt es den Tritt in den Hintern, wenn gewisse Dinge nicht klappen. Das kommt aber ganz selten vor. Erstaunlicher Weise hat sich eine Truppe zusammengefunden, die sich ganz schnell gegeneinander die Hörner abgestoßen hat. Wir sind immerhin fünf Häuptlinge, die alle zueinander finden mussten. Das hat ordentlich gekracht und geraspelt. Aber dann hat sich herausgestellt, wie gut wir miteinander harmonieren und mittlerweile hat jeder seinen Part, wo er seine Kernkompetenz außerhalb von Santiano hat. Da gibt es ganz wenig Reibungspunkte.

PM: Du singst von Rum, was ja eine Spezialität aus Deiner Heimat Flensburger ist. Genießt Du selbst auch gerne mal ein Schlückchen Rum und wie trinkst Du ihn am liebsten?

Axel: Ich habe wilde Zeiten hinter mir. Die liegen aber lange zurück. Dem Alkohol habe ich weitestgehend abgeschworen, speziell den harten Sachen. Ich trinke gerne mal einen Rotwein oder ein Bier abends. Gelegentlich trinke ich aber tatsächlich einen guten Cola-Rum. Da trinke ich gerne den Johannsen-Rum. Ansonsten gehört Schnaps nicht mehr in mein Leben.

 

PM: Also nichts zum Betrinken, wie einst bei den Seeleuten, sondern zum Genießen...

Axel: Richtig, Johannsen-Rum ist ein wunderbarer Rum, den ich jedem nur empfehlen kann. Wer mal nach Flensburg kommt, sollte er sich unbedingt in das kleine Rumhaus in der Marienstraße begeben. Da kann man reingehen und sehen, wie der Rum abgefüllt wird. Das ist eine hervorragende Spezialität, die ich sehr gerne genieße. Also wenn Rum, dann den Johannsen-Rum aus Flensburg.

 

PM: Rein statistisch ist es ja schon sehr unwahrscheinlich, dass aus einem Jahrgang einer Schule mehrere Schüler Karrieren machen, die zu bundesweiter Bekanntheit führen. Du bist ja mit den Holpert-Brüdern zur Schule gegangen, die als Nationaltorhüter beim Handball sehr erfolgreich waren. Hast Du die Karrieren verfolgt und habt ihr noch Kontakt?

Axel: Selbstverständlich. Ich habe mit Jan und Finn zusammen Fußball gespielt und habe auch noch Bilder aus der Zeit zuhause. Wir haben jetzt lange keinen Kontakt mehr gehabt. Das hat mit der hohen Frequenz der Begehrlichkeiten an den beiden zu tun. Die haben ja wirklich national wie international große Karrieren gemacht und waren auch nicht immer in Flensburg ansässig. Da ist es schwer, Kontakt zu halten. Aber wenn wir uns sehen, gibt es immer ein großes Hallo. Wir kennen uns gut und wir freuen uns, wenn wir uns sehen.

PM: Ist das reiner Zufall oder war es einfach eine erstklassige Schule?

Axel (lacht): Ja, es war eine erstklassige Schule, obwohl ich ein absolut miserabler Schüler war. Man hat uns zum Abschluss mit einem Tritt in den Hintern verabschiedet. In den Augen der Lehrer war zu lesen: Bitte lass Dich hier nie wieder sehen. Ich habe immer nur Fußball und andere Sachen im Kopf gehabt und gebe offen zu: Schule war lästig. Ich habe das hinter mich gebracht und habe dann vier Berufe gehabt. Als erstes bin ich Masseur gewesen. Dann habe ich noch Uhrmacher gelernt, habe sieben Jahre in dem Beruf gearbeitet, habe als Schauspieler gearbeitet und nun bin ich seit zwei Jahren Musiker. Also bin ich trotz schlechtem Realschulabschlusses bisher ganz gut durchs Leben gekommen.

 

PM: Du hast als Schauspieler ja am Theater gearbeitet, in vielen Fernsehproduktionen mitgespielt, sogar in einem Musikvideo von Unheilig. Hattest Du immer schon eine Affinität zur Musik?

Axel: Ja. Seit ich laufen kann, singe ich. Das Singen und die Musik hat viele Dinge kompensiert, schon als kleines Kind. Musik zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben. Das hat immer eine große Rolle in meinem Leben gespielt.

PM: Für die Karriere mit Santiano hast Du Deine Anstellung beim Ohnsorg-Theater aufgegeben. Ist Dir das schwer gefallen?

Axel: Naja, ich bin viele Jahre als freier Schauspieler am Ohnsorg-Theater aufgetreten, bin dann ins feste Ensemble aufgenommen worden und habe das einige Jahre gemacht. Ich bin dann freiwillig aus der Festanstellung wieder rausgegangen, weil mit das zu eng wurde. Ich wollte auch andere Dinge machen, habe aber weiterhin sehr viel als Gast dort gearbeitet. Ich bin ja immer noch Schauspieler, nur habe ich keine Zeit mehr, als Schauspieler zu arbeiten, weil die Arbeit mit Santiano ein Fulltime-Job ist. Wenn sich die Gelegenheit bietet, werde ich auch wieder für das Ohnsorg-Theater arbeiten. Ich habe noch hervorragende Kontakte und besuche die Kollegen so oft es geht. In der Schauspielerei ist das kein Abschied, sondern nur eine Unterbrechung.

PM: Eine Rückkehr ans Theater ist also nicht ausgeschlossen.

Axel: Genau. Das kann aber noch einige Jahre dauern, wenn das mit Santiano weiter so gut läuft.

PM: Wie erklärst Du Dir, dass Santiano mit den Alben ganz oben in den Charts steht, bei den Singles aber eher unter „ferner liefen“?

Axel: Es ist tatsächlich so, dass uns die Radiostationen nicht gerne spielen und teilweise sogar ignorieren. Wir sehen das mittlerweile so, dass wir für diese „Zusammenarbeit“ dankbar sind. So kann sich der Hörer an unseren Liedern nicht müde hören. Es ist ein Phänomen. Das lässt sich nicht in wenigen Worten beschreiben. Wir sind eine der wenigen Bands, die es schafft, in vier verschiedenen TV-Shows mit vier verschiedenen Liedern aufzutreten. Das liegt daran, dass wir keine Single haben, die im Radio rauf und runter gespielt wird. Die Alben verkaufen sich wie geschnitten Brot. Wir sind mit dem ersten Album auf eins eingestiegen und haben dreifach Platin erreicht, das zweite Album ist auch auf eins eingestiegen und hatte nach drei Wochen Goldstatus. Wir sind einfach eine Album-Band. So sehen das scheinbar auch die Radiostationen. Anders kann ich mir das nicht erklären.

 

Das Gespräch führte Mario Hancke, Foto: Michael Mey, Electrola

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