„Es war einfach an der Zeit“

„Es war einfach an der Zeit“

Interview mit Herrn Schoen über Musik, Kultur und soziales Engagement.

Andreas Schöneberg alias Herr Schoen ist gebürtiger Mindener. Seinen Lebensunterhalt verdient er sich in einer Werbeagentur, in der er für die Erstellung von Internetseiten verantwortlich ist. Bekannt ist er aber vor allem durch sein Engagement im kulturellen Bereich. Seit 15 Jahren ist er Vorstandsmitglied im Kulturzentrum BÜZ. Im Weserlieder Kultur e.V. ist er Gründungsmitglied und Vorsitzender. Mit der Aktion „Minden hilft“ versucht er zudem, das Leid von flüchtenden Kindern in Griechenland etwas zu lindern. Ende 2019 hat Herr Schoen sein erstes Album „Two Sides Of A Coin“ veröffentlicht. Im Gespräch mit dem Porta Magazin erzählt er unter anderem, wie die Idee zu dem Album entstanden ist und warum Porta noch ein Stadtfest hat und Minden nicht.

Porta Magazin: Herr Schoen, wie läuft es mit Deinem Debütalbum?

Herr Schoen: Ich glaube, wenn man eine CD ohne Plattenlabel selbst heraus bringt und dann auch eher eine regionale Mini-Größe ist, darf man nicht mit so großen Erwartungen an das Projekt gehen. Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, wie viele CDs ich bisher physisch verkauft habe. Lass es um die 80 sein. Mehr ist es nach nun drei Monaten definitiv nicht. Ich habe mich schon gefragt, warum ich 500 Exemplare gemacht habe. Die Antwort ist einfach: Weil 500 kaum mehr kosten als 300. Man verschenkt natürlich auch einiges im Freundeskreis und an Booker.

Porta Magazin: Und wie sieht es digital aus?

Herr Schoen: Auch da sind die Zahlen leider noch nicht so richtig präzise. Das geht ja über einen digitalen Dienstleister, in meinem ist das YouTunes. Laut YouTunes habe ich zum bei Apple iTunes noch nicht ein Album verkauft. Das kann natürlich nicht sein, weil ich zwischendurch sogar mal auf Platz 3 bei den Singern/Songwritern war und ich weiß auch von ganz vielen Leuten, die sich das Album dort gekauft haben. Die Zahlen sind einfach noch nicht da. Die Online-Dienstleister melden das, wenn sie Bock drauf haben. Angeblich habe ich bisher 4000 gestreamte Songs.

Porta Magazin: Lohnt sich das?

Herr Schoen: Finanziell ist das eher traurig. Bei Spotify wird ein Song, der mindestens 30 Sekunden lang gestream wurde, mit 0,2 Cent vergütet. Wenn jemand das Album bei Spotify durchhört, sind das 2,8 Cent. Bis man da im Eurobereich ankommt, muss es ganz schön oft gehört werden.

 

Porta Magazin: Es ist aber wahrscheinlich auch nicht Deine Antriebsfeder gewesen, Geld mit dem Album zu verdienen?

Herr Schoen: Nein. Ich fand einfach, es war Zeit für ein Album. Ich mache ja schon recht lange Musik, aber ich hatte nie eine Band. Da hat sich die Frage nach einem Album nicht gestellt. Ich habe auch nie in Erwägung gezogen, ein Soloalbum zu machen, weil ich dachte, das sei alles viel zu teuer und das braucht die Welt auch nicht. Dann kam Ole „Shibby“ Kuhlmann auf mich zu und wollte einen Song mit mir aufnehmen. Ich kannte ihn als Gitarristen von Wet Beach, aber ich wusste zu dem Zeitpunkt noch nicht, dass er schon einige Alben gemastert hat. Wir haben uns dann getroffen und wollten nicht nur einen Song, sondern schon drei oder vier Songs aufnehmen. Nachts um halb drei hatten wir dann zehn Songs aufgenommen. Das hat er dann grob gemischt und mir geschickt. Da kam dann eine riesige Euphorie auf und die ersten Überlegungen, ein Album zu machen. Ich habe das etwas sacken lassen und mich dann entschieden, noch ein paar Songs neu einzuspielen. Danach hatte ich den Eindruck, dass es ganz gut passte. Ich bin im letzten Jahr 50 geworden und dachte, wenn ich es jetzt nicht mache, mache ich es wahrscheinlich nie. Naja, dann gönnt man sich halt mal ein Album. Aber ich war auch davon überzeugt, dass es gut ist. Ich wollte das nicht nur digital machen, sondern auch etwas in der Hand haben. Eine LP wäre natürlich noch genialer gewesen. Die Wahl ist aber auf CD gefallen, weil mehr Leute CD hören als Vinyl und die Produktion von Vinyl auch deutlich teurer ist.

Porta Magazin: Wie lange machst Du schon Musik?

Herr Schoen: Meine erste eigene Gitarre hatte ich mit 14, also 1983. Den ersten Liveauftritt hatte ich 1986.

Porta Magazin: Bist Du in eine Musikschule gegangen?

Herr Schoen: Nein, das habe ich mir selbst beigebracht. Ich bin einer derjenigen, die Peter Burschs Gitarrenbuch als erstes in den Fingern hatten. Und dann habe ich versucht, viel rauszuhören und nachzuspielen. An Songs von U2 bin ich verzweifelt. Das bekam ich nicht hin. Man konnte natürlich damals auch nicht im Internet nachlesen, was deren Gitarrist an Effektgeräten hatte. Das hatte aber den Vorteil, dass man seinen eigenen Stil findet. Mit Anfang 20 habe ich mit jemandem Tanzmusik, zum Beispiel auf Hochzeiten gemacht. So habe ich mir das musizieren selbst beigebracht, mit allen Vor- und Nachteilen.

Porta Magazin: Welche Nachteile?

Herr Schoen: Wenn ich bei einer Band einsteigen würde und man würde mir Noten und Partituren vorlegen, könnte ich das nicht. Natürlich könnte ich mir jeden Song aneignen, aber das dauert viel zu lange. Ich habe zwar mal in einer Coverband gespielt, aber im Grunde will ich auch keine Songs 1 zu 1 nachspielen.

Porta Magazin: Du machst nicht nur selbst Musik, sondern bist auch mit den Weserliedern sehr engagiert.

Herr Schoen: Im Weserlieder-Team sind einige Musiker und ehemalige Musiker. Wir haben festgestellt, dass etwas fehlt und es im Sommer keine richtig coole Veranstaltung gibt. Das gab es mit „Rock an der Weser“ und dem Windlich-Open-Air ja mal. Aber das war alles schon längst passé. An der Weser gab es damals eine Nachhaltigkeitsveranstaltung mit einer städtischen Bühne. Da haben wir gefragt, ob wir die nicht nutzen könnten. Konnten wir. Eine Anlage haben wir uns von den Blackbirds geholt und dann haben wir einfach angefangen. Da kamen auch gleich schon 800 Leute. Für die hatte wir gar nicht genug Bier da. Das war der Anfang von den Weserliedern. Wir können bis heute keine wahnsinnig hohen Gagen bezahlen, aber wir wollen, dass sich die Bands und auch die ehrenamtlichen Helfer von der Ankunft bis zum letzten Bier wohlfühlen. Dazu trägt zum Beispiel unser gutes Catering bei.

Porta Magazin: Du bist ja fast schon ein Mindener Urgestein. Aber Du hast auch einen gewissen Draht nach Porta Westfalica.

Herr Schoen: Ja, meine Mutter lebt seit vier Jahren in Lohfeld. Und mich verbindet natürlich als Musiker das Stadtfest mit Porta Westfalica. Ich glaube 1989 habe ich das erste mal auf dem Stadtfest gespielt. Mit einer Blues-Rock-Band.

Porta Magazin: Ach was. Porta hat ja noch ein Stadtfest, Minden nicht mehr. Ist das ein Verlust für Minden?

Herr Schoen: Ich bin jetzt mal brutal: In der Form, wie das Mindener Stadtfest in den letzten Jahren gewesen ist, ist es kein Verlust. Das können andere mittlerweile besser. Es gibt in Minden so viele spezialisierte Veranstaltungen, wie Jazz-Summer-Night, Gourmetmeile und auch die Weserlieder, die das Bedürfnis, im Sommer raus zu gehen, sehr gut abdecken können mit verschiedenen Richtungen. Es gibt auch noch die Kultursommerbühne, wo es rein um Kultur geht. Das Stadtfest hatte in den letzten Jahren nichts mehr mit Minden zu tun. Das sind austauschbare Veranstaltungen, mit denen der Mindener nichts zu tun hat. Das ist der Unterschied zu Porta. In Porta sind die Vereine noch sehr stark beteiligt. Es wäre viel spannender, wenn Mindener es schaffen würden, gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen. In Porta ist alles irgendwie kompakter und kleiner. Da kann man den Draht zwischen den Portanern und den Besuchern besser herstellen.

Porta Magazin: Lass uns über Minden hilft reden. Das ist ein Projekt, das Du gemeinsam mit Monte (Jörg Klein) machst. Was kann man sich darunter vorstellen?

Herr Schoen: Das machen wir in diesem Jahr zum zweiten Mal. Das erste Mal haben wir das gemacht, als die Balkanroute bei Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze dicht gemacht wurde. Da hingen plötzlich rund 20.000 Flüchtlinge fest. Wir fanden, es kann doch nicht wahr sein, dass mitten in Europa Menschen unter solchen Bedingungen leben müssen. Es war Montes Idee, speziell für Kinder 100 Rucksäcke zu besorgen und die mit sinnvollen, aber auch netten Dingen zu füllen. Was auf der Flucht als erstes verloren geht, ist das Persönliche. Die Kinder können kaum etwas Persönliches mitnehmen. Mit dem Rucksack wollten wir den Kindern die Möglichkeit geben, sich ein kleines Stück Zuhause aufbauen zu können. Den alltäglichen Bedarf versucht man in den Lagern schon zu decken. Aber speziell für die Kinder gibt es doch relativ wenig. Mit den Spendengeldern konnten wir zum Beispiel dafür sorgen, dass für diese Kinder vernünftig und frisch gekocht wurde. Idomeni wurde ja damals geräumt und viele Flüchtlinge sind in staatliche Lager gekommen. Und dann haben wir alle irgendwie so ein wenig weg geguckt. Natürlich hat man mitbekommen, dass gerade im Mittelmeer unglaublich viele Flüchtlinge ertrinken. Was in Griechenland passiert, wurde in der breiten Öffentlichkeit nicht mehr so thematisiert. Aber wir wissen, dass sich die Situation gerade auf den Inseln dramatisch verschlechtert hat. Die Lager auf Lesbos sind ja auch nur als Auffanglager gedacht. Aber viele Menschen hängen schon seit Jahren dort fest. Einen zweifelhaften Ruf hat das Lager Moria, das für 4000 Menschen zugelassen ist, in dem aber inzwischen rund 15000 Menschen in Zelten wohnen. Wohl wissend, dass es nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein wird, werden wir wieder mit 100 Rucksäcken und Schlafsäcken für Kinder dorthin fahren. Vor Ort werden wir dann entscheiden, wie wir die Spendengelder einsetzen.

Porta Magazin: Wie kann man euch dabei unterstützen?

Herr Schoen: Mit Spenden. Infos gibt es im Internet unter www.minden-hilft.de.

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