„Zehn Euro für ein Menschenleben“

„Zehn Euro für ein Menschenleben“

Mühlenkreiskliniken und Lions Club Porta Westfalica leisten Hilfe für die Ukraine

Der Krieg in der Ukraine hat in Deutschland eine große Welle der Solidarität und auch der Hilfsbereitschaft ausgelöst. Während sich in den ersten Wochen der Focus der Hilfeleistung zu einem großen Teil auf flüchtende Menschen richtete, kommt es auch bei den Menschen vor Ort zu immer größer werdenden Problemen.

„Die medizinische Versorgung in den Krankenhäusern in der Ukraine bricht zusammen“, sagte Serhil Tabulovych Anfang März. Zusammen mit den Mühlenkreiskliniken und dem Lions Club Porta Westfalica startete er eine Hilfsaktion, um das Leid zu mindern.

Serhil Tabulovych wurde in der Ukraine geboren und ist dort aufgewachsen. Bis 2011 studierte er in Donezk Medizin. Von 2011 bis 2013 arbeitete er als Anästhesist und Notarzt in einem Krankenhaus in Makijiwka, einer Nachbarstadt von Donezk. Mit dem Ziel, nach Deutschland zu gehen, erlernte er die deutsche Sprache und landete schließlich am Johannes Wesling Klinikum in Minden. Trotzdem rissen die Kontakte in die Ukraine nie ab, sodass Tabulovych schnell von der dramatischen Entwicklung in den dortigen Kliniken erfuhr. „Die Triage gehört in den Krankenhäusern in der Ukraine inzwischen zum Alltag. Oft spritzt man den Menschen nur noch Morphin, um die schlimmsten Schmerzen zu lindern und lässt sie dann sterben, weil es nicht mehr möglich ist, ihnen zu helfen“, beschreibt der Mediziner eindrücklich. In einer offenen Mail an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Klinikums bat er um Hilfe und Unterstützung. Schon kurze Zeit später fanden Gespräche auf Leitungsebene statt.

„Essen und Kleidung ist natürlich sehr wichtig. Aber was wir leisten können, ist sehr konkret und effizient“, sagt Serhil Tabulovych. Eine Schlüsselrolle dabei nimmt Dr. Florian Immekus, Direktor der Zentralapotheke der Mühlenkreiskliniken, ein. „Wir können Dinge tun, die für uns zum täglichen Geschäft gehören. Es geht um die Bereitstellung von Spezialartikeln, beispielsweise für die medizinische Versorgung von Kriegsverletzten.“ Rund 250 verschiedene Artikel wie Fixierungsmaterial, Material für die intravenöse Verabreichung von Medikamenten, Kanülen, Spritzen, Intubationsmaterial und vieles mehr werden gebraucht, um die Versorgung in den Krankenhäusern in der Ukraine sicherzustellen. Gerne hätte Dr. Florian Immekus einige der Produkte als Sachspenden bei den Pharmaunternehmen eingeworben, doch das sei leider abgelehnt worden, da die Pharmaindustrie auf eine zentral gesteuerte Hilfeleistung setze, berichtet der Apotheker. Ein weiteres Problem für Dr. Immekus ist die Verfügbarkeit der benötigten Produkte. „Wir leben schon seit vielen Jahre mit einem punktuellen Mangel und einem verknappten Markt“, erläutert er die Herausforderungen der Beschaffung.

Finanziert werden die Hilfsgüter aus Spendengeldern. Damit diese fließen können, hat der Lions Club Porta Westfalica ein Spendenkonto für die Ukrainehilfe eingerichtet. Was einfach klingt, ist tatsächlich nicht ganz unkompliziert. Um für Spendengelder entsprechende Spendenbescheinigungen ausstellen zu können, wird nicht nur ein Verein benötigt, der als gemeinnützig anerkannt ist. Die Verwendung der Spendengelder muss auch noch mit den satzungsmäßigen Aufgaben des Vereins kompatibel sein. „Das war bei uns der Fall“, sagt Rolf Watermann, der für den Lions Club Porta Westfalica als Schatzmeister tätig ist. Rund 80.000 Euro seien bisher eingegangen. Das Geld stamme von etwa 450 Einzelspendern, die zwischen 10 und 10.000 Euro überwiesen hätten, so Watermann. Am Ende der gut einstündigen Pressekonferenz war der Kontostand bereits auf 83.000 Euro angewachsen. „3.000 Euro zum Frühstück – das sind gute Nachrichten“, freute sich Rolf Watermann über die Hilfsbereitschaft der Menschen.

Der erste Lastwagen voll mit Arzneimitteln und medizinischem Sachbedarf für die Intensivtherapie im Wert von 65.000 Euro machte sich Mitte März vom Universitätsklinikum Minden aus auf den Weg. Das Ziel waren zwei Partnerkrankenhäuser in Lemberg und Riwne in der Ukraine. Der Inhalt des Lastwagens reicht aus, um zwei große Krankenhäuser etwa zwei Wochen mit den notwendigen intensivmedizinischen Produkten und Arzneimitteln zu versorgen. „Diese Lieferung rettet Menschenleben, viele Menschenleben. Alle normalen Lieferketten sind zusammengebrochen“, sagt Serhii Tabulovych.

Kaum war der erste LKW in Richtung Ukraine unterwegs, wurde bereits ein zweiter Transport geplant. „Wir wurden von unseren Freunden gebeten, OP-Materialien für die unfallchirurgische Versorgung wie Platten, Knochenschrauben und Fixateure zu besorgen. Außerdem fehlen immer häufiger auch Standardmedikamente wie Insulin, Hormone oder Herzmedikamente, auf die chronisch Erkrankte zwingend angewiesen sind. Auch hier wollen wir helfen“, sagt Apothekendirektor Dr. Immekus.

Bei der Hilfsaktion sind die logistischen Schwierigkeiten nicht zu unterschätzen. Es gäbe nur wenige LKW-Fahrer, die von Deutschland in die Ukraine fahren, weil das natürlich auch sehr gefährlich sei, berichtet Tabulovych. Manche Hilfslieferungen werden daher bis an die polnisch-ukrainische Grenze gebracht und dort umgeladen. Ein erheblicher Aufwand, zumal an den Grenzen natürlich kein Platz zur Verfügung steht, um die Hilfsgüter zwischenzulagern.

Die erste Lieferung übernahm der ukrainische Fahrer Igor G. (Name zum Schutz der Person geändert), der zufällig auf einer Tour in Europa war, als der Krieg begann. 20 Tage stand er im Niemandsland vor der Grenze, bevor er weiterfahren durfte. Voll beladen mit lebensrettenden Arzneimitteln machte er sich auf den Weg in die Heimat. Ob er wiederkommt, weiß er nicht. Vielleicht erhalte er eine Ausnahmegenehmigung der ukrainischen Regierung und dürfe auch weiterhin als Kurier Hilfsgüter in die Ukraine bringen, hofft Igor. Es könne aber auch sein, dass er zum Militärdienst eingezogen werde. So oder so begab er sich mit der Fahrt in Lebensgefahr. Denn russische Raketen zielen auch auf Lastwagen.

Wer die Hilfslieferungen in die Ukraine unterstützen will, kann an die Fördergesellschaft des Lions Clubs Porta Westfalica e.V. spenden. Von dem Geld werden ohne Abzüge Arzneimittel und medizinischer Sachbedarf für die Ukraine gekauft. Wie sehr eine Spende hilft, rechnet Serhil Tabulovych vor: „Für 300 Euro bekommen wir 900 Dosen Antibiotika. Mit dieser Menge können wir 20 bis 30 Menschen das Leben retten, die ohne diese Medikamente an Wundinfektionen und Blutvergiftungen sterben würden.“ Im besten Fall sind das 10 Euro für ein Menschenleben. Einer Sache ist sich Tabulovych absolut sicher: „Die Ukrainer werden die Hilfe aus Deutschland nie vergessen und ihr gesamtes Leben lang dankbar sein.“

Spenden für die medizinische Versorgung in der Ukraine Fördergesellschaft des Lions Clubs Porta Westfalica e.V. IBAN DE83 4905 0101 0040 0450 15

Stichwort „Ukrainehilfe MKK“ Lions Club Porta Westfalica

Der Lions Clubs International ist eine wohltätige Clubbewegung mit Mitgliedern in über 200 Ländern. Allein in Deutschland engagieren sich in 1.580 Clubs rund 52.000 Frauen und Männer. Der Lions Club Porta Westfalica ist einer davon. Grundlage sind gemeinsame Werte wie Menschlichkeit, Freundschaft, Wahrhaftigkeit, staatsbürgerliches Bewusstsein und gesellschaftliche Verantwortung. Vor Ort in der eigenen Gemeinde, deutschlandweit und über die Landesgrenzen hinaus helfen Lions ehrenamtlich dort, wo Unterstützung gebraucht wird. Weitere Infos gibt es im Internet unter www.porta-westfalica.lions.de.

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