Gretchenfrage auf dem Wittekindsberg

Gretchenfrage auf dem Wittekindsberg

Ist die historische Burg baurechtlich erschlossen? Das ist weit mehr, als eine formaljuristische Frage.

Update: 21. Oktober 2019

„In anderen Städten wäre mit mehr Kooperation zu rechnen“, sagt Professor Dr. Klaus Herrmann. Der bundesweit tätige Fachanwalt für Verwaltungsrecht vertritt die Interessen des Vereins Witthüs. Im Rahmen einer Pressekonferenz auf der Wittekindsburg erläuterte er die seiner Meinung nach eindeutige Rechtslage. Warum es dennoch immer wieder Schwierigkeiten zwischen der Stadt Porta Westfalica und Witthüs e.V. gibt, darüber könne man nur spekulieren.

Aktuell geht es unter anderem um die Erschließung der Wittekindsburg. Diese nachweisen zu können, ist für Witthüs von besonderer Bedeutung, um Fördergelder für die Erhaltung des 1894 erbauten Denkmals und für die Einrichtung eines Museums in der Burg zu erhalten. Die Erschließungsfrage beschäftigt den Verein bereits seit Beginn der Kaufverhandlungen vor fünf Jahren. Eine klare Positionierung seitens der Verwaltung gibt es nicht. „Während Baudezernent Stefan Mohme den Stadträten Anfang 2018 erklärte, dass eine gesicherte Erschließung besteht, wird bei aktuellen Bauvorhaben des Vereins von der Verwaltung eingewandt, dass hierfür kein Nachweis vorliegt“, beklagt Witthüs-Präsident Martin Möller. Auf eine Anfrage, ob und wie die Burg denn nun erschlossen sei, reagiere die Stadtverwaltung nicht. Grund genug für den Fraktionsvorsitzenden der CDU-Ratsfraktion, Kurt Baberske, in der Ratssitzung am 30. September nach der Erschließung der Burg zu fragen. Man werde die Frage schriftlich beantworten, konterte die Verwaltung die Anfrage.

„Eine Antwort habe ich noch nicht bekommen“, sagt Baberske. Er beabsichige, die Frage im Bauausschuss und im Ältestenrat zu wiederholen, bis die Verwaltung reagiere. Dass die Antwort einige Tage später über eine Presseerklärung der Stadt erfolgen würde, hätte der Kommunalpolitiker nicht erwartet.

Für Professor Dr. Herrmann ist die Sache klar. Der Verein habe die Fortschreibung des seit Jahren bestehenden Gestattungsvertrages für die Nutzung des Burgwegs Ende 2018 unterzeichnet und zahle im Jahr mehrere Tausend Euro an die Stadt Porta Westfalica, damit der Burgweg als Erschließungsstraße genutzt werden kann. Alle Beteiligten hätten den Vertrag unterschrieben. Die Erschließung in Form öffentlicher Baulasten nachzuweisen, obliege nach dem Vertrag der Stadt Porta Westfalica. Dieser Aufgabe sei die Verwaltung bisher nicht nachgekommen.

Interessanterweise seien für das ursprünglich als Gästehaus errichtete Gebäude Genehmigungen erteilt worden, die von einer Erschließung des Gästehauses ausgehen. Da die Erschließung jedoch nur über das Grundstück von Witthüs erfolgen kann, ergebe sich die logische Konsequenz, dass eine fehlende Erschließung der Burg auch eine fehlende Erschließung des Gästehauses zur Folge haben müsse. Die Stadt gehe von einem Bestandsschutz für das Gästehaus aus. Nach mehrjähriger nutzungsfreier Zeit sei der Bestandsschutz jedoch obsolet, argumentiert Herrmann und fordert von der Verwaltung, sich nicht zum Interessenverwalter des Eigentümers machen zu lassen.

Wenn es nach Witthüs und Professor Herrmann geht, handelt es sich bei dem Gästehaus ohnehin um einen Schwarzbau. Die Baugenehmigung sei damals nur in Verbindung mit der Burg erteilt worden. Da der damalige Eigentümer das Gebäude schon vor Fertigstellung Anfang der 70er Jahre verkauft habe, sei der Bau im Außenbereich und Landschaftsschutzgebiet ungenehmigt. Witthüs fordert daher den Rückbau des Gebäudes und die Renaturierung der Fläche. In diese Kerbe schlägt auch der ehemalige Kreisheimatpfleger Dr. Gerhard Franke. „Es ist notwendig, diesen wertvollen Raum von etwas zu befreien, was ihn belastet“, sagt er und spricht sich mit Nachdruck und Leidenschaft für den Abriss des Gästehauses aus. Man habe mit dem Bau einen schweren Fehler gemacht und jetzt würde sich die Möglichkeit einer dringend erforderlichen Korrektur ergeben.

Das Gästehaus ist aber nicht nur ein optischer Störfaktor auf dem Wittekindsberg, sondern auch ein erhebliches Problem für die Wittekindsburg und seine zukünftige Nutzung. Da der neue Eigentümer Aaron Gellern das Gästehaus inzwischen für Wohnzwecke nutze, sei bei Feierlichkeiten mit Auseinandersetzungen zu rechnen. „Eine Hochzeitsfeier endet eben nicht um 22.00 Uhr“, macht Martin Möller deutlich. Noch viel dramatischer ist jedoch die Frage des Brandschutzes. Zum Schutz des Gästehauses wird die Errichtung einer Brandschutzmauer zum Nachbargrundstück erforderlich. Dazu müsste ein Teil des denkmalgeschützten Festsaals abgerissen werden, was neben der unwiederbringlichen Zerstörung von denkmalgeschützter Bausubstanz auch eine erhebliche Einschränkung der Nutzungsmöglichkeiten zur Folge hätte. Ein hoher Preis, insbesondere wenn am Ende von gerichtlichen Auseinandersetzungen doch ein Rückbau des Gästehauses stünde.

Zur Erstellung dieses Beitrags hat die Redaktion des Porta Magazins Informationen von verschiedenen Quellen angefragt. An die Stadtverwaltung wurden die Fragen gerichtet, worin die Problematik bei der Erschließungsfrage besteht, ob die Stadtverwaltung darauf drängen werde, dass die Vertragspartner ihrer Zusage nachkommen, eine Baulast für den Burgweg eintragen zu lassen und ob davon auszugehen sei, dass die Klärung der Erschließung das Gästehaus ebenfalls beträfe. Aus der Pressestelle der Stadt hieß es, sobald man hierzu Auskunft geben könne, werde man unaufgefordert auf die Angelegenheit zurückkommen. Einige Tage später veröffentlichte die Stadt eine Pressemitteilung, in der sie „über den Sachstand“ informiere. Darin überrascht die Stadtverwaltung unter anderem mit der Aussage, dass „weitere positive Synergien für die touristische Entwicklung und die Klärung der Erschließung“ zu erwarten seien, wenn die Eigentümer von Wittekindsburg und Gästehaus kooperieren würden. In der gleichen Pressemeldung heißt es auch, eine gesicherte öffentlich-rechtliche Erschließung beider Liegenschaften sei nicht realisierbar, da die im Burgweg-Vertrag vereinbarten Eintragungen der Baulasten kündbar seien und der Weg „für die Zuwegung für Feuerwehr- und Rettungsfahrzeuge nicht den geltenden Anforderungen entspreche.

Während die Stadt also einerseits die Erschließung von einer Einigung der Eigentümer abhängig macht, nimmt sie sich andererseits selbst im Wesentlichen aus der Verantwortung und schließt eine öffentlich-rechtliche Erschließung aus. Wie dies mit einer Wohnnutzung im Gästehaus einher gehen kann, beantwortet die Stadt nicht. Zwar verweist sie auf Bestandsschutz, in Sachen Wohnnutzung kann aber natürlich von „Bestand“ nicht die Rede sein.

Witthüs kann mit dem öffentlichen Vorstoß der Verwaltung nicht einverstanden sein, denn die fehlende öffentlich-rechtliche Erschließung ist gleichbedeutend mit dem Verlust möglicher und für die Weiterentwicklung der Burg dringend benötigter Fördergelder. Auch das Problem Brandschutzmauer und Teilabriss des historischen Festsaals steht damit weiterhin im Raum. Zudem stellt sich Witthüs die Frage, wozu unter Federführung der Stadt ein Vertrag zum Burgweg abgeschlossen wurde, bei dem der Verein einen erheblichen Kostenanteil zu tragen hat, wenn dieser nicht geeignet sein soll, die Erschließungsfrage zu klären, obwohl genau hierfür die Eintragungen in das Baulastenverzeichnis vereinbart wurden. „Da fühlen wir uns verschaukelt“, sagt Martin Möller. „Warum beteuerten sowohl Bernd Hedtmann als auch Stefan Mohme in den vergangenen Burgdebatten und zuletzt noch in der Sonderratssitzung immer, dass die Wittekindsburg erschlossen sei? Und jetzt nicht mehr?“, wundert sich Möller, für den die Pressemitteilung mehr Fragen aufwerfe, als sie beantworte. So beanstandet er auch, dass für das Gästehaus ein Baurecht für eine neue Abwasseranlage geschaffen worden sei, wohlwissend dass es keine Erschließung gäbe. „Meines Wissens haben wir nur davon gesprochen, dass die Erschließung des Gästehauses gemäß der damals erteilten Baugenehmigung über den Bierweg sichergestellt war“, entgegnet Bürgermeister Hedtmann und merkt weiter an, dass in diversen Besprechungen die Eintragung von Baulasten auf den Parzellen „Bierweg“ der Stadt Minden zur Absicherung der baurechtlichen Erschließung angeraten worden sei.

 

Die komplette Pressemitteilung ist ungekürzt auf www.inporta24.de zu finden.

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