Porta hat gewählt

Porta hat gewählt

Suche nach Mehrheiten wird die Arbeit im Rat prägen, Thomas Möbius gewinnt Losentscheid.

Die Kommunalwahl hat den Rat der Stadt ordentlich in Bewegung gebracht. Rot-Grün hat keine eigene Mehrheit mehr. Zwar konnten Bündnis90/Die Grünen fast 7,5 Prozent zulegen, die SPD verlor jedoch mit über 17 Prozentpunkten massiv an Zustimmung. Immerhin durfte sie am Wahlabend aber noch darauf hoffen, weiterhin den Bürgermeister zu stellen, denn Jörg Achilles schaffte es in die Stichwahl gegen Dr. Sonja Gerlach. Das Ergebnis der Stichwahl stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest.

 

Die 38 Sitze im neuen Stadtrat verteilen sich auf die SPD (11), CDU (11), Bündnis 90/Die Grünen (8), FDP (3), Wählergemeinschaft (3) und AfD (2). Für den scheidenden Bürgermeister Bernd Hedtmann verlief die Wahl in großen Teilen wie es zu erwarten gewesen sei. Allerdings habe es auch Überraschungen gegeben. "Die WP hat ein Direktmandat in Lohfeld geholt. Das fand ich sehr überraschend, aber auch gut", sagte Hedtmann anerkennend. Und auch eine Kuriosität beinhaltete die Wahl. Im Wahlkreis Möllbergen/Vennebecker Bruch erzielten Kerstin Wehling (SPD) und Thomas Möbius (CDU) ein exakt gleiches Ergebnis. "Eine absolute Stimmengleichheit in einem Wahlbezirk zwischen zwei Kandidaten ist schon ein Novum", so Hedtmann. In der Sitzung des Wahlausschusses am 16. September musste schließlich das Los entscheiden, wer über das Direktmandat in den Rat einziehen durfte - mit dem besseren Ende für Thomas Möbius. An der Sitzverteilung im Rat änderte der Losentscheid indes nichts.

 

Die Wahl des Bürgermeisters/der Bürgermeisterin

Dr. Sonja Gerlach war mit dem Wahlergebnis sehr zufrieden. 44 Prozent sei ein sensationell gutes Ergebnis. Mit großem Optimismus und ordentlich viel Schwung wolle sie die Zeit bis zur Stichwahl nutzen. Es werde weiterhin ein intensiver Wahlkampf werden. "Wir haben inhaltlich ein sehr gutes Angebot und werden nochmal herausstellen, welche Qualifikationen, Kompetenzen, welche Impulse und Ideen ich für Porta Westfalica mitbringe." Dabei sei ihr der Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern besonders wichtig. "Das waren so gute Gespräche in den letzten Wochen und Monaten. Es hat sich gezeigt, dass das genau die Form der Bürgerbeteiligung ist, die gewünscht wird. So stelle ich mir das auch für die Zukunft vor: Im Gespräch sein, im direkten Austausch sein. Ich möchte nicht auf formelle Verfahren beschränkt sein, sondern den Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern suchen, um zu hören wo der Schuh drückt." Dass die Mehrheitsverhältnisse im Rat unklar sind, bereitet Dr. Sonja Gerlach keine Sorgen: "Auf kommunaler Ebene gibt es ganz häufig die Konstellation, dass mit wechselnden Mehrheiten gearbeitet und dann tatsächlich sachorientierte Politik gemacht wird. Genau das ist es, was ich erreichen möchte. Es soll um Sachargumente gehen und darum, für die Stadt das Beste zu erreichen."

 

Für Jörg Achilles stand der Wahlabend im Zeichen von gemischten Gefühlen. "Das Positive war, dass ich mein Direktmandat gewinnen konnte." Bei der Bürgermeisterwahl sei er ohnehin davon ausgegangen, in eine Stichwahl zu müssen: "Es war klar, dass die SPD und die Grünen sich mit zwei Kandidaten die Stimmen gegenseitig wegnehmen." Die Zeit bis zur Stichwahl will Jörg Achilles nutzen, um mit vielen Wählerinnen und Wählern ins Gespräch zu kommen und zusätzliche Stimmen zu gewinnen. Dabei kann er auf die Unterstützung der Grünen setzen, die bereits am Tag nach der Wahl dazu aufriefen, für Jörg Achilles als Bürgermeister zu votieren. Das Abschneiden der SPD insgesamt sei allerdings wenig erfreulich. Zurückzuführen sei dies unter anderem auf die Schuldebatte, aber auch auf Themen wie den Großen Weserbogen und das Grohe-Logistikzentrum, zu denen sich die SPD offensiv habe erklären müssen. "Da hatten es die anderen Parteien leichter", sagt Achilles.

 

"Wer sich zur Wahl stellt, will auch gewählt werden", bringt Anke Grotjohann eine leichte Enttäuschung zum Ausdruck, aber traurig sei sie nicht. "Ich hätte mir gewünscht, in die Stichwahl zu kommen. Darauf habe ich gehofft, aber ich habe nicht wirklich damit gerechnet. Wenn man das aus Sicht der Grünen sieht - und die Wählerinnen und Wähler haben mich ja als Grüne gesehen - sind über 24 Prozent das kreisweit beste Ergebnis. Das ist toll." Tatsächlich war Anke Grotjohann bis nach der Wahl parteilos und wäre dies auch geblieben, wenn sie Bürgermeisterin geworden wäre: "Ich finde, ein Bürgermeister sollte so neutral wie möglich sein." Für die Stichwahl unterstützt sie dennoch Jörg Achilles, denn: "Ich möchte einen Bürgermeister, der in Porta Westfalica zuhause ist. Ein Bürgermeister, der in Porta wohnt, lebt und einkauft, wird mit seinen Entscheidungen konfrontiert", ist sich Anke Grotjohann sicher. Wer hingegen als Bürgermeister in einer anderen Stadt zuhause sei, erführe eine ganz andere Konsequenz seines Handelns.

 

Der Republikaner Dietrich Edler landete mit seiner Bürgermeisterkandidatur mit 4,15 Prozent deutlich abgeschlagen auf dem letzten Platz. Er habe ein negatives Ergebnis erwartet, teilte Edler mit. Innerhalb seiner Partei habe sich eine neue Ausrichtung vollzogen, die ursprünglich mit Volker Marsch angedacht gewesen sei, der sich jedoch kurzfristig der AfD anschloss. Es habe „eigenartige Vorgänge“ gegeben, die dazu geführt hätten, dass die Republikaner nur sieben Wahlkreise besetzen konnten. Es habe im Vorfeld sogar die Überlegung gegeben, nicht an der Wahl teilzunehmen. Obwohl Edler und die Republikaner von einem schlechten Ergebnis ausgegangen sind, habe es aus ihrer Sicht dennoch Auffälligkeiten gegeben. Aufgrund von Mitteilungen von Wählern würden die Republikaner eine Nachprüfung des Wahlergebnisses beantragen.

 

 

Die Ratswahl

In einer ersten Reaktion bezeichnete Dirk Rahnenführer das Wahlergebnis, bei dem die SPD von 19 auf 11 Ratsmandate abrutschte, spürbar betroffen als Katastrophe. Es hätte vielschichtige Einflüsse gegeben: "Die SPD ist im landesweiten Schnitt stark abgesackt. Um uns herum ist Minden eine rühmliche Ausnahme", sagt der Fraktionsvorsitzende. Auch die Schulpolitik und die Kommunikation der Portaner SPD zu dem Thema habe der Partei geschadet. "Da haben wir sicher Fehler gemacht", zeigt sich Rahnenführer selbstkritisch. Allerdings habe er sich gewundert, dass nur die SPD für die Schulpolitik abgestraft worden sei, während der Koalitionspartner gewonnen habe. Wie sich die zukünftige Arbeit im Rat darstelle, könne Dirk Rahnenführer noch nicht sagen: "Für Rot-Grün allein reicht es nicht, also gibt es entweder wechselnde Mehrheiten oder es findet sich ein anderes Bündnis zusammen."

 

Für Inga Bruckschen von der CDU gab es gefühlsmäßig viel zu verarbeiten. Als Wahlvorsteherin war sie am Wahlabend lange im Rathaus beschäftigt, wo sie nur spärlich mit aktuellen Informationen versorgt war. "Der Bürgermeister hat mir zwischendurch gesagt, dass ich das Direktmandat gewonnen habe", freute sich die Stadtverbandsvorsitzende. Sie habe zwar erwartet, dass die CDU mehr Direktmandate holen würde als bei der letzten Kommunalwahl - damals war es nur ein einziges. Dass es aber gleich so viele werden würde, hätte sie nicht gedacht. In ihrem Wahlbezirk Barkhausen-Süd, in dem sie unter anderem gegen Dirk Rahnenführer, Anke Grotjohann und Cornelia Müller-Dieker antrat, sei sie gar nicht davon ausgegangen, das Direktmandat zu gewinnen. Für die Arbeit im Rat erhofft sich Inga Bruckschen eine deutliche Veränderung: "Wenn die SPD und die Grünen so weiter machen wollen wie bisher und nicht verstanden haben, dass Rot-Grün in der Konstellation nicht gewählt wurde, dann werden sie es wahrscheinlich schwer haben. Es geht nicht mehr, dass einer durchregiert." Eine rechnerisch mögliche Große Koalition sieht sie kritisch: "Dafür müsste sich viel ändern. Ich bin eher dafür, bei den Sachfragen zu bleiben. Man wird wechselnde Mehrheiten suchen müssen." Auf die Stichwahl für das Bürgermeisteramt blickt Inga Bruckschen positiv. Das Ergebnis der ersten Wahl spreche für sich. Allerdings dürfe man nicht erwarten, dass die Stichwahl ein Selbstläufer werde. "Wir werden jetzt ganz viel arbeiten, um die Wähler nochmal zu mobilisieren."

 

Das Ergebnis der Grünen bei der Ratswahl sei super, sagt Anke Grotjohann, die inzwischen Parteimitglied der Grünen ist und als deren Spitzenkandidatin in den Rat einzieht. "Es wird auf jeden Fall eine spannende Frage, wie sich Mehrheiten im Rat finden sollen. Wir wissen ja noch nicht, wie sich wer entscheidet. Aber wenn es bei der klassischen Konstellation bleibt, wie sie vorher war und sich die WP dazu entschließt, mit CDU und FDP zu koalieren, dann gäbe es ein Patt und die AfD wäre das Zünglein an der Waage", spekuliert Anke Grotjohann. Aber auch die WP habe, wenn sie sich nicht festlege, viel Einfluss. "Es wirf auf jeden Fall geredet werden müssen. Das finde ich gut."

 

Auch die Wählergemeinschaft "Wir für Porta" ist mit dem Ergebnis der Wahl zufrieden. Die Frage, was man aus dem Stand heraus erreichen könne, sei schwierig zu beantworten, da es keine Vergleichszahlen gäbe. "Wenn ich das mit anderen Wählergemeinschaften im Kreis vergleiche, sind wir mit knapp acht Prozent wirklich gut und noch vor der AfD und der FDP", sagt Dietmar Lehmann. Besonders freut er sich über das Direktmandat von Dr. Friedrich-Wilhelm Hillbrand im Wahlbezirk Lohfeld/Veltheim-Nord. Hillbrand habe sich über die Maßen eingesetzt und in einem intensiven Haustürwahlkampf zahlreiche Gespräche geführt. Auch in Lerbeck und Neesen erzielte die Wählergemeinschaft gute Ergebnisse, was Lehmann auf das "Brennpunkt-Thema" Grohe zurückführt. Die WP setzt im neuen Rat auf wechselnde Mehrheiten und hofft, dass es nicht zu einer Großen Koalition kommt. "Wir wollen uns nicht binden und werden in vielen Fragen vermutlich das Zünglein an der Waage sein. Wechselnde Mehrheiten gehören zu unserem Prinzip, weil wir eine Debattenkultur im Rat haben wollen", sagt Lehmann und kritisiert, dass bisher vieles bereits in Fraktionssitzungen festgelegt worden sei. "Wir wollen mit allen zusammen eine Debatte führen, die im Ergebnis offen ist. Das wird die Politik beleben."

 

Für die FDP sei das Wahlergebnis ebenfalls erfreulich, sagt Cornelia Müller-Dieker. Es sei Tatsache, dass die Wählergemeinschaft der FDP Stimmen aus dem bürgerlichen Bereich gekostet habe: "Der Wahlzettel ist länger geworden. Aber wir haben es kompensiert." Rund einen Prozentpunkt haben die Liberalen eingebüßt, aber dennoch ihre drei Sitze im Rat verteidigen können. "Darüber freuen wir uns. Es ist ein Zeichen, dass wir in den vergangenen Jahren eine ordentliche Arbeit abgeliefert haben", resümiert Cornelia Müller-Dieker. Die neue Zusammensetzung des Rates kommt der Kommunalpolitikerin entgegen. "Es war unser Wunsch, dass man sich mehr an Sachthemen orientiert, für Sachthemen Mehrheiten sucht und dass die Mehrheiten nicht von vornherein festgezurrt sind und alle anderen zu folgen haben oder eben nicht. Ich hoffe auch, dass sich die Stimmung im Rat verbessert, weil man gezwungen ist, miteinander zu reden und zu arbeiten", freut sich Müller-Dieker auf ein Ende der Lagerbildung. Sie geht von mehr Gesprächen auf Augenhöhe aus und von Entscheidungen, die nicht am Parteibuch festgemacht werden. "Unter Demokraten redet man mit jedem. Wir haben immer mit jedem einen ordentlichen Umgang gepflegt. Ich hoffe und gehe davon aus, dass das auch im neuen Rat der Fall sein wird", freut sie sich auf die zukünftige Ratsarbeit. "Vieles wäre in der Schuldebatte gemeinsam besser gelaufen", sagt sie rückblickend und hofft, dass dies mit knappen Mehrheiten zum Wohle der Bürger besser werde.

 

Die AfD ist zum ersten Mal im Portaner Stadtrat vertreten. "Wir freuen uns darüber, dass wir beim erstmaligen Antritt zur Kommunalwahl gleich in Fraktionsstärke in den Stadtrat einziehen konnten. Nur wenige Stimmen fehlten, um sogar noch ein drittes Mandat zu erreichen", sagt Kreispressesprecher Sebastian Landwehr. Man wolle nun in den Ausschüssen den Bürgern eine Stimme verleihen, die bisher von den "Altparteien" nicht gehört worden seien.

 

Die Wahlbeteiligung

 

Die Wahlbeteiligung lag in Porta Westfalica bei 51 Prozent. Vor fünf Jahren waren es noch knapp unter 50 Prozent. Die leichte Steigerung kann aber nicht darüber hinweg täuschen, dass rund die Hälfte der Wahlberechtigten nicht mit abgestimmt hat. "Gerade weil mehr Parteien angetreten sind, bin ich davon ausgegangen, dass wir eine etwas höhere Wahlbeteiligung haben werden", bedauerte Bernd Hedtmann den relativ geringen Wert. Auf die Corona-Pandemie führt er die Wahlbeteiligung nicht zurück. Man müsse nicht in ein Wahllokal gehen. "Dafür haben wir die Möglichkeit einer Briefwahl. Wir haben auch einen hohen Anteil an Briefwählern gehabt - mehr als doppelt so hoch wie in der Vergangenheit", so Hedtmann. Es sei Aufgabe der Politik, sich dem Problem der niedrigen Wahlbeteiligungen anzunehmen: "Da müssen sich alle Parteien hinterfragen. Das ist ja kein spezifisches Problem von Porta Westfalica. Darüber muss sich Politik generell Gedanken machen."

 

 

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